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Was haben Menschen, die für die Begrenzung des Kohledioxids, für den Ausstieg aus der Kohleverstromung, Beendigung der Energiegewinnung aus Atomspaltung, für die Rettung von Flüchtlingen aus dem Mittelmeer und unbegrenzte Aufnahme von Asylanten in Deutschland gemeinsam? Es ist der Sammelbegriff des Gutmenschen. Dieser Begriff wurde 2015 sogar zum „Unwort des Jahres“ von der „sprachkritischen Aktion in Deutschland gewählt“ ( https://www.nzz.ch/panorama/alltagsgeschichten/gutmensch-ist-das-unwort-des-jahres-1.18675881 ). Dieser Begriff wurde mit der Flüchtlingskrise im 2015 erst so richtig bekannt, nachdem er vorher schon verwendet wurde, erstmals im Jahr 1985 von dem „Forbes Magazin“ für den Gewerkschaftsführer Franz Steinkühler. Im Duden tauchte es erstmals im Jahr 2000 auf. ( https://www.nzz.ch/panorama/alltagsgeschichten/warum-ein-gutmensch-kein-guter-mensch-ist-1.18676154 ). Das „Wörterbuch der deutschen Sprache“ definiert als Gutmensch, „der in einer als moralisierend, selbstgerecht, naiv und realitätsfern empfundenen Weise der politischen Korrektheit entsprechende, als übertrieben altruistisch o. ä. eingeschätzte Auffassungen, Ziele und Forderungen vertritt.“ ( https://www.dwds.de/wb/Gutmensch ).
Wenn man den Gutmensch genauer ansieht, könnte man vielleicht mehrere typische Charaktereigenschaften und kennzeichnendes Sozialverhalten ausmachen:
· Übertriebener Altruismus : Zuerst könnte man denken, dass der Altruismus als Gegenpol zum Egoismus eine moralisch notwendige Gegenposition darstellt. Aber das Übel liegt leider immer in der Übertreibung. Dieser übertriebene Altruismus hat eine starke, sich selbst abqualifizierte Note, in dem das Elend in der Welt immer stets auf eigenes Fehlverhalten zurückgeführt wird. Ein typisches Beispiel ist es, dass das Elend der Afrikanischer Bevölkerung mit dem Verhalten der Europäer (Kolonialzeit, Ausbeutung durch übervorteilende Verträge) zu tun hat, weshalb es eine moralische Verpflichtung gäbe, die Afrikaner aus dem Mittelmeer zu retten und nach Europa zu bringen.
· Moralisierende Bevormundung : Der übertriebene Altruismus führt dazu, dass sich der Gutmensch als moralisch besser einschätzt als andere Menschen und dazu neigt, dies auch den Mitmenschen zu spüren zu lassen. Er fühlt sich als der „bessere Mensch“ und wehrt alle Versuche ab, die diese Selbstanmaßung infrage zu stellen. Er stellt sich sinnbildlich auf die Kanzel und wettert über diejenigen, die seine Moralvorstellungen nicht teilen.
· Selbstgefälligkeit : Mit der Moralisierung geht einher eine Attitüde der Selbstgefälligkeit. Sich selbst und das, was man für richtig hält, infrage zu stellen, ist außerhalb jedweder Diskussion. Dem Gutmenschen gefällt es, sich selbst in der Rolle des „Moralapostel“ zu sehen, ohne dass er dessen negative Attitüde bemerkt – er blendet sie (un)bewusst aus.
· Hüter der politischen Korrektheit : Ausgehend vom moralischen Hochstand und der damit verbundenen moralisierenden Bevormundung sieht sich der Gutmensch als der „Gralshüter der Political correctness“ ( https://de.wikimannia.org/Gutmensch ), wobei jede Normverletzung in dieser Hinsicht mit einer „Betroffenheitsmine“ kommentiert wird.
· Heuchelei : Zwar wähnt sich der Gutmensch als moralisch integer, aber der Schein ist wichtiger als das Sein. Es kommt ihm darauf an, dass er als moralisch höherwertig eingeschätzt wird als er wirklich ist. „Der Gutmensch ist im eigentlichen Sinne nicht gut, sondern er behauptet es nur“ ( https://de.wikimannia.org/Gutmensch ). Er fordert z. B. die Aufnahme von Flüchtlingen in Deutschland, würde sich aber scheuen, einen Flüchtling bei sich zu Hause aufzunehmen. Er spricht lieber davon, dass „die Gesellschaft“ oder die „Solidargemeinschaft“ für die Kosten der Flüchtlinge aufkommen müsse.
· Humorlosigkeit : Mit der moralisierenden Besserwisserei geht eine gewisse Humorlosigkeit einher. Man kennt diese Grundhaltung auch noch vom Moralapostel alter Tage. Treffend sang es bereits Zarah Leander in dem Lied „Kann denn Liebe Sünde sein“: „Jeder kleine Spießer macht das Leben mir zur Qual denn er spricht nur immer von Moral. Und was er auch denkt und tut man merkt ihm leider an, dass er niemand glücklich sehen kann.“ Wer also meint, moralisch besser zu sein, neigt auch dazu, dem anderen sein Glück nicht zu gönnen. Er folgt damit dem Duktus: Der moralisch handelnde Mensch muss immer ein bisschen unglücklich sein. Denn wer Spaß am Leben hat, kann nicht moralisch hochwertig sein, er gibt sich einfach den Genüssen des Lebens hin, ohne daran zu denken, wie schlecht es anderen geht. Der moralisch denkende Mensch kann nicht mit Leichtigkeit über alles hinweggehen, sondern nimmt alles todernst. „Wie kann man nur daran Spaß haben“, wird der Gutmensch sagen, wenn jemand genüsslich einen „Mohrenkopf“ ist, wenn sich andere diesen nicht kaufen können.
· Sprachdetektive : Die Verwendung des Wortes „Mohrenkopf“ oder „Negerkusses“ käme bei einem Gutmenschen niemals über die Lippen. Er achtet peinlich darauf, dass seine Sprache korrekt ist was bedeutet: Keine Diskriminierung anderer und gendergerecht muss sie sein.
· Unbelehrbarkeit und Realitätsverweigerung : Der moralische Hochsitz verleitet den Gutmenschen zu seiner speziellen Sicht der Dinge. Er meidet den Austausch von Argumenten, sondern setzt irgendwann einen Schlusspunkt und sagt dann: „Das ist einfach so. Punkt“. Die Tatsachen sind die Erfindungen des Feindes ( https://de.wikimannia.org/Gutmensch ). Sie können einfach nicht wahr sein. Für den Gutmenschen gilt nur die Wirklichkeit wie er sie sieht.
· Starke Suche nach Gleichgesinnten : Der Gutmensch ist nicht gern allein, sondern gern mit denen zusammen, die derselben Meinung sind. Dabei kann man sich gegenseitig in seinem Gutmenschentum bestärken (ohne es so zu erkennen oder gar zu benennen). Gemeinsam stellt er sich mit anderen auf die Straße und demonstriert mit ihnen Einigkeit. Dabei werden die gemeinsamen Glaubensbekenntnisse und Forderungen an andere in Transparenten hochgehalten und auch lauthals in die Gegend posaunt.
· Forderungen aufstellen : Der Gutmensch stellt sich gerne hin und fordert etwas: Abschalten der Atomkraftwerke, Einführung von Elektroautos oder unbegrenzte Aufnahme von Flüchtlingen. Diese Forderungen werden mit dem Impetus der Allgemeingültigkeit gestellt. Sie sollen für „die Gesellschaft“ allgemein gelten und jeder muss sich diesen Forderungen anschließen. Von Eigenverantwortung wird ungern gesprochen, denn dann müssten die Forderungen ja zu konkreten eigenen Handlungen führen. Wenn etwa bei der „Friday-for-Futur-Bewegung“ Forderungen laut werden, dass etwa die Treibhausgase reduziert werden sollen, bedeutet dies noch lange nicht, dass man selbst dabei eigene Beiträge zu leisten bereit wäre die da z. B. lauten könnten: In der Schule bei 17 Grad Celsius im Klassenraum sitzen, um den Kohlendioxidausstoß zu verringern.
Die Typisierung muss selbstverständlich nicht für jeden Gutmenschen zutreffen, sondern stellt nur eine Art „Chekliste“ dar, wie man ihn vielleicht besser erkennen kann. Der Gutmensch erkennt sich selbstverständlich nicht als Gutmensch, sondern würde diese Typisierung immer ablehnen.
Bildnachweis: https://de.wikimannia.org/Gutmensch